James Taylor

Nicht wirklich erstaunt las ich heute dieses Interview bei FR-Online mit dem kanadischen Philosophen Charles Taylor. Lesenswert und vielleicht auch ein wenig Widerlegung meiner missmutigen Stimmung in diesem Beitrag. Andererseits finde ich in den Aussagen von Taylor jene Haltung wieder, von der Hanna Arendt in dem zuvor erwähnten Zitat beschreibt.

Entscheidend ist doch wohl die Frage nach dem Gewaltpotential. Ihre Version des religiösen Pluralismus kommt mir da etwas verharmlosend vor.

Nein, weder die Geschichte noch die Gegenwart ist ohne Gewalt. Das zu behaupten, wäre in der Tat absurd. Plurale Gesellschaften sind sehr konfliktreich, ein idealer Nährboden für Streit und Kampf. Einmal, weil hier aufgrund des großen Sinnangebots eine entsprechend große, mitunter harte Konkurrenz herrscht, dann aber auch, weil es hier eine gewissen Offenheit oder Durchlässigkeit gibt, die von anderen missbraucht werden kann. Es ist geradezu ein Kennzeichen pluraler Gesellschaften, streitträchtig und missbrauchsanfällig zu sein. Das ist der Preis unserer Freiheit.

Solange gewisse Grenzen eingehalten werden.

Ja, es gilt, die Würde des Menschen zu wahren und den demokratischen Rechtsstaat zu achten.

Und noch eine Haltung die mir zusagt:

Sie spielen auf den religiöser Fundamentalismus an. Für mich hat der aber nichts mit dem wahren oder echten Glauben zu tun, und zwar nicht, weil ich zu wissen glaube, worin der besteht, sondern weil mit Attributen wie „wahr“ oder „echt“ nur kaschiert wird, dass wir es immer mit einer religiösen Gemengelage zu tun haben, die sich einer Vielzahl von Ursprüngen, strategischen oder ideologischen Interessen verdankt. Politische oder religiöse Reinheitsgebote sollten uns immer misstrauisch machen. Außerdem möchte ich daran erinnern, dass zum Glauben nicht nur der Gehorsam, sondern auch der Zweifel gehört. Allerdings können mit dem Glauben immer auch gewisse Zumutungen oder Opfer verbunden sein. Jeder Glaube, jede Religion birgt ein nicht geringes Gewaltpotential.